Bei Retranchement in der landeinwärtigen Biegung des „Uitwateringkaanal“ erinnert ein kleines Feld aus weißen Krokussen jedes Frühjahr an ein trauriges Kapitel der deutsch-belgisch-niederländischen Geschichte und der Grenze zwischen Belgien und der Niederlande: Den „Doodendraad“. Der „Totenzaun“ war ein 300 Kilometer langer Hochspannungszaun in Belgien, der sich während des Ersten Weltkrieges zwischen 1915 und 1918 an der Grenze zwischen Belgien und der Niederlande vom damaligen Vierländereck bei Neutral-Moresnet bis zur Nordseeküste zwischen Knokke-Heist und Cadzand-Bad erstreckte. Errichtet wurde der „Doodendraad“ als „Grenzhochspannungshindernis“, so die offizielle deutsche Bezeichnung, vom deutschen Generalgouvernement Belgien, um die offene Grenze Belgiens zu den Niederlanden für kriegsfreiwillige Belgier, deutsche Deserteure, Schmuggler und Spione zu sperren.

Die „Doodendraad“-Anlage bestand aus drei Zäunen mit dazwischen liegenden Patrouillengängen. Der erste Stacheldrahtzaun war zur niederländischen Grenzseite aufgestellt; der eigentliche zwei Meter hohe Hochspannungszaun mit 2.000 Volt verlief in der Mitte der Anlage. Ein weiteres Drahthindernis mit einer 100 bis 200 Meter breiten Sperrzone zur belgischen, von Deutschland besetzten Seite hin sollte Personen fernhalten.

Grenzhochspannungshindernis in der Gemeinde Sluis, Schild mit Aufschrift „Achtung – Hochspannung – Lebensgefahr“

Durch Berühren des Warndrahtes wurde akustischer Alarm ausgelöst, die Streckenabschnitte wurden zudem nachts mit Scheinwerfern ausgeleuchtet. Immer wieder versuchten Menschen Post und Lebensmittel nach Belgien zu schmuggel und den Hochspannungszaun zu überwinden. Dabei wurden neben dem Durchschneiden der Drähte mit isolierten Zangen zahlreiche kreative Methoden entwickelt. Zum Beispiel das Schieben eines Fasses ohne Deckel und Boden zwischen die Drähte, um hindurchzukriechen, das Bedecken des elektrisch geladenen Zauns mit Gummimatten oder das Überspringen mit einem großen Stock wie bei einem Stabhochsprung. Dabei wurden mehrere tausend Menschen, die versuchten, die Drahtzaunanlage zu überwinden, in den drei Jahren durch Schüsse der Wachsoldaten oder durch die Hochspannung des Drahtzaunes getötet.

Die weißen Krokusse wurden 2018 längs des Verlaufes an der belgisch-niederländischen Grenze zur Erinnerung an die Opfer des „Doodendraads“ gepflanzt.

Video über „de Doodendrad“

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